Mittwoch, 28. August 2019

Buchrezension "Zeit zum Überleben - Zukunft"


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Ganze drei Jahre mussten wir Leser auf die Fortsetzung der Dystopie „Zeit zum Überleben“ warten. Leider konnte ich mich nur noch bruchstückhaft an den Inhalt des ersten Bandes erinnern. So las ich  einfach mal darauf los. Kein Problem, ruck zuck war ich wieder mittendrin im Geschehen.  Selbst Neueinsteiger, die gleich zu „Zukunft“ greifen möchten, werden klarkommen, ganz bestimmt.

Zum Inhalt:
Jessica, Marc und die schwer misshandelte Nixi haben nach der verheerenden Virusepidemie in dem Städtchen Espoir eine neue Heimat gefunden. Die erhaltene mittelalterliche  Infrastruktur, diverse Utensilien des ortsansässigen Museums, sowie ein paar Nutztiere könnten ihnen das Überleben im Winter sichern. Doch noch gibt es zuwenig Bewohner, um die anfallenden Arbeiten zu stemmen. Besonders handwerkliche Fachkräfte werden dringend gebraucht. Mit einem eigens erfundenen „Inserat“, gasgefüllten Luftballons mit Einladungskarten, versuchen sie andere Überlebende anzulocken. Sie bieten allen Arbeitswilligen eine gesicherte Unterkunft und genug zu essen. Das Vorhaben gelingt, die ersten Interessenten trudeln ein. Unter ihnen ist Jessica`s höchstpersönlicher Alptraum, ein Mensch, den sie nie mehr wiedersehen wollte. Doch sie muss Kompromisse eingehen, denn  vor den Stadttoren lauert eine noch viel größere Gefahr. Eine Bande ehemaliger schwerstkrimineller Gefängnisinsassen macht sich auf den Weg nach Espoir. Und ihren Weg pflastern sie mit Mord, Gewalt und Folter….



Meine Meinung:
Zuerst einmal überraschte mich Lara mit der Tatsache, dass „Zukunft“ bereits der finale Abschlussroman der Dystopie ist.  Keine Ahnung, ob er schon immer als Zweiteiler geplant war. Ich bedauere das, denn für mich ist das Ende noch nicht ganz rund. Warum? Hmmm, das ist schwer zu erklären. Ich versuche es mal:

Das Rahmenprogramm stimmt. Die Überlebenden müssen sich in einer Welt ohne Elektrizität, mit banalen Hilfsmitteln der frühesten Landwirtschaft, zurechtfinden. Dieses Szenario wurde gut recherchiert und mit Hilfe des Städtchens Espoir glaubwürdig umgesetzt. Dass genau die Arbeitskräfte auftauchen, deren Beruf gerade am dringendsten benötigt wird, mag vielleicht etwas märchenhaft rüberkommen – aber Wunder und Fügungen haben durchaus ihre Berechtigung in der heutigen und zukünftigen Zeit. Darüber möchte ich hinwegsehen.


Lara Greystone vermittelt, wie schon mehrfach in ihrem „Unsterblich Geliebt“ – Zyklus, den Schmerz sexuellen Missbrauchs. Allerdings konfrontiert sie den Leser in fast jedem Kapitel damit. Andere Seelennöte, beispielsweise der Verlust eines Ehepartners, bzw. Kindes  wurden so in den Hintergrund gedrängt, dass Lara nur einen Nebensatz für diese Informationen übrig hatte. Ich kritisiere die Einseitigkeit des geschilderten Schmerzes. Um diese kurz erwähnten Begleitumstände aufzuarbeiten, hätte es eventuell einer Fortsetzung bedurft. Und eigentlich interessiert mich das weitere Schicksal der Gruppe noch immer. Wie kommen sie über den Winter? Bleibt die Gruppenharmonie erhalten? Wir werden es nicht mehr erfahren. Schade um den frühen Schlussstrich.



Ich gebe eine Leseempfehlung. Den Leser erwartet eine nicht ganz so düstere Dystopie, Liebesgeschichte inklusive.
Ich möchte den zweiten Teil mit 4 Sternen bewerten.



Die Daten zum Buch

  • Ebook (Printausgabe mit 202 Seiten)
  • Verlag: neobooks
  • Preis: Kindle 1,99 Euro zum Einführungspreis - später 2,99 Euro 
  • Das Buch ist in weiteren Onlinebuchhandlungen erhältlich





Freitag, 23. August 2019

Buchrezension "Wolgakinder"

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Wolgakinder

Die zarte Romanze zwischen dem kauzigen Lehrer Jakob Bach und seiner Schülerin Klara Grimm beginnt wie im Märchen. Doch die eingeschworene Gnadentaler Dorfgemeinschaft, Nachfahren deutscher Immigranten nach Russland, billigt diese skandalöse Beziehung nicht. Als sie ihnen die rechtmäßige Eheschließung verweigern, zieht sich das Paar auf Klaras elterliches Anwesen zurück, einem kleinen versteckten Einsiedlerhof am anderen Flussufer der Wolga. Dort fristen sie fortan ein entbehrungsreiches, mit schwerer Arbeit verbundenes, einsames Leben. Die folgenden Schrecken und Nöte des ersten Weltkrieges bekommen die beiden nur ganz am Rande mit. Doch auch sie werden späte Opfer dieses Grauens und plötzlich steht Bach vor den Scherben seines Lebens. Die geliebte Frau tot, das kleine Bündel Mensch in seinen Armen hilflos, kpl. auf ihn angewiesen. An der Seite von Bach sind Annchens Kinderjahre voller Höhen und Tiefen, voller Improvisationen, neuen Ideen, etlichen Überlebenskämpfen… Als Wassja zu ihrer kleinen Gemeinschaft stößt, beginnt eine Epoche mit ganz neuen Herausforderungen, aber auch mit Glück und Freude. Und während die Wolga im stetigen Jahresrhythmus  gefriert, auftaut und wieder gefriert, verändert ein Mann namens Stalin das Leben der Wolgadeutschen für alle Zeiten…
  

Dieser ungewöhnliche Geschichtsunterricht über die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik der Wolgadeutschen hat mich sehr bewegt. Gusel Jachina ist ein Roman gelungen, den ich gerne weiterempfehlen möchte. Er überzeugte neben der Sprache und Handlung durch einen ganz besonderen Clou, den ich bisher in keinem anderen Buch fand: Wenn Bachs Geschichte an die Grenze menschlicher Logik gelangte, half sich Gusel mit Märchenelementen weiter. Diese magische Integration gelang deshalb so gut, weil ihre Buchcharaktere von Anfang an überzogen dargestellt wurden. So genoss ich es regelrecht, wenn Äpfelbäumchen ganzjährig Früchte trugen oder Menschen unter Wasser atmen konnten. Ich fand diese Sequenzen großartig. Aber ich weiß, sie werden nicht bei jedem Leser Anklang finden.


Wolgakinder wurde in 5 Teile gegliedert. In jeweils einem Kapitel pro Abschnitt, taucht ER auf, Stalin. ER, der in diesen Jahren zwischen den Weltkriegen eine Diktatur aufbaute und der mit SEINEN Säuberungen große Not über das Land brachte. Wir erleben in 5 einzelnen Schlüsselszenen, wie ER SEINE Macht festigte, SEINEM Personenkult frönte  und nach Lust und Laune über das Schicksal der Menschen bestimmte. Für mich waren es recht wertvolle Kapitel, schildern sie doch, die Szenen mit Bach ausgenommen,  realistische Geschichte eines Landabschnitts, der untrennbar mit Deutschland verbunden ist und nicht vergessen werden sollte.




Gusel Jachinas Sprache ist blumig und sie beschreibt Details gerne ausführlich. Ein paar Mal sprengte sie jedoch mein Durchhaltevermögen beim Lesen. So wurde beispielsweise eine Billardpartie oder eine Fischfütterung zur Geduldsprobe, bei denen ich die Seiten nur noch oberflächlich überflog. Mein einziger Kritikpunkt in diesem tollen Roman. Er wiegt leider so stark, um einen Bewertungsstern abzuziehen. So gibt es von mir 4 Sterne und trotzdem eine absolute Leseempfehlung. 


Die Daten zum Buch

  • Gebundene Ausgabe: 591 Seiten
  • Verlag: Aufbau-Verlag
  • ISBN:  978-3351037598
  • 24 Euro in allen gängigen Buch- und Onlinebuchhandlungen

Vielen Dank an Netgalley und den Aufbau-Verlag, 
die mir ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung stellten! 


#Wolgakinder 

#NetGalleyDE