Donnerstag, 30. Mai 2019

Buchrezension "Der Fetzen"


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Der Journalist Philippe Lançon überlebte den Terroranschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo mit schwersten Schussverletzungen an Kiefer und Händen.  

In dem Buch „Der Fetzen“ verarbeitet er nun seine Geschichte, die am Vorabend des Horrorszenarios beginnt. Bis es zur eigentlichen Tat kommt, baut er fast einen ungewollten Spannungsbogen auf, denn er verliert sich in vielen kleinen belanglosen Details über Nichtigkeiten der Stunden zuvor. Ich kann dies nachvollziehen. Darüber zu schreiben, das „Erinnert“ werden,  muss ein Alptraum sein.  
Denn als die Täter schließlich das Besprechungszimmer stürmten und innerhalb von wenigen Minuten in ein blutiges Schlachtfeld verwandelten, war ich über jede kleine Anekdote dankbar, die mir „noch“ ein Stück heile Welt des Philippe Lançon beschert hatte.


„Der Fetzen“ ist keine Anklage an die islamgläubige Welt. Kein Jammern, kein Wehklagen, obwohl Philippe alles Recht dazu hätte.  Es ist keine Geschichte, die Mitleid erhaschen soll und er lässt sich auch nicht als terroristisches Opfer feiern. Phillipe leidet und weint leise.
Nein, „Der Fetzen“ ist vielmehr eine detailgenaue, recht nüchterne, sowie stille Schilderung der Fakten und Folgen dieses kriegerischen Verbrechens. Wir begleiten den Journalisten durch seine monatelangen Krankenhausaufenthalte, verfolgen 17 Operationen innerhalb von zwei Jahren, das langsame Genesen bis zur Rückkehr ins normale Leben.  
Da sind die morphingeschwängerten Alpträume, die nachts die Tat zurückholten, die unendlichen Rückschläge, die den Heilungsprozess verlangsamten, das marode französische Gesundheitssystem.
Wir erleben, wie sich Vertrautheit zwischen Patient, Pflegepersonal und  Ärzten bildete, wie Beziehungen sich änderten und wie die verständliche Angst Philippe auch Jahre nach der Tat noch im Griff hat.



Ihr Täter, ich klage an, dass dieses Buch überhaupt geschrieben werden musste. Phillipe, ich danke ihnen, dass sie uns in dieser Form an ihrem Schicksal teilhaben lassen.

Ein Buch, dass beeindruckt – denn es zeigt Größe. Wer den Mut hat, sich mit den unschönen, gewaltverbundenen Szenen eines Terroranschlags und den daraus resultierenden medizinischen Folgen einzulassen, sollte das Buch unbedingt lesen. Es wird nicht leicht sein. Mich hat es beeindruckt, bereichert und ich bin froh, es gelesen zu haben.



Ich möchte diesem Tatsachenbericht die vollen 5 Bewertungssterne zukommen lassen. 

  
Die Daten zum Buch

  • Gebundene Ausgabe: 551 Seiten
  • Verlag: Tropen
  • ISBN: 978-3608504231
  • 25 Euro bei allen gängigen Buch- und Onlinebuchhandlungen
Ich bedanke mich beim Tropen-Verlag und bei Netgally, die mir ein kostenloses Leseexemplar zur Verfügung stellten. 



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