Das Buch begleitet die Hauptprotagonistin Tess ein Jahr
lang bei ihrer Arbeit in einem renommierten New Yorker Sternerestaurant.
Tess, aufgewachsen in der Provinz, beginnt einen neuen
Lebensabschnitt in der amerikanischen Metropole. Mit wenigen Dollars auf dem Konto und ohne
konkrete berufliche Pläne steht sie eines Tages im Büro von Howard, dem
Personalplaner des Hauses und ergattert sich mehr oder weniger zufällig einen Job
als Hilfskellnerin. Fortan darf sie
Servietten falten, Tücher verteilen, putzen und die ersten niederen
Hilfskellner-Tätigkeiten verrichten…
Mich faszinierten
die bildhaften Vergleiche der Autorin. Es ist Poesie, wenn sie mit herrlichen
Worten Feigen mit schweren Brüsten vergleicht oder ein Weinaroma beschreibt.
Man kann die prallen, saftstrotzenden Trauben fast auf der Zunge schmecken.
Dieser Part im Buch hat mir sehr gut gefallen.
Leider entpuppte sich die restliche Geschichte ziemlich
genussfrei. Ich wollte Tess begleiten, wie ein Voyeur hinter die Kulissen
blicken: Exzentrische Gäste, souveränes Management, Höhen und Tiefen des
Restaurantalltags. Eigentlich hat Stephanie Danler diese Aufgabe erfüllt. Naja,
teilweise.
Sie widmete sich verstärkt den unzähligen Drogen- und
Alkoholorgien, sexuellen Affären, dem berühmten Morgen danach. Das Personal des
Sternerestaurants war entweder betrunken, im Drogenrausch oder verkatert, durch
Schlafmangel gezeichnet. Ich verlor den Überblick, konnte kaum einen Namen
zuordnen, musste manchmal sogar beim Geschlecht passen, z.B. Sasha, Mann oder
Frau? Die Szenen, wirr, konfus und ohne
roten Faden aneinander gereiht. Das spiegelt sich auch im Liebesleben von Tess
wieder. Nachdem Jack, der verruchte Barkeeper endlich angebissen hat, muss sie
ihn mit ihrer Vorgesetzten Simone teilen. Beide verbindet ein geheimnisvolles
Band der Vergangenheit, welches nie wirklich gelüftet wird. Unglaubwürdig wie
der Rest der Geschichte.
Fazit: Beim Zuklappen von Sweetbitter verlasse ich das
Nobelrestaurant ohne zurückzublicken. Nicht einer ist mir wirklich ans Herz
gewachsen, ihre Zukunft ist mir egal. Die 365 Tage der Hilfskellnerin Tess
bereits verblasst. Ich widme mich neuen literarischen Gaumenfreuden. Lediglich
Feigen und Austern betrachte ich in Zukunft mit einem anderen Blick.
Die Daten zum Buch:
- 416 Seiten - Hardcover
- Verlag: Aufbau-Verlag
- ISBN: 978-3351036720
- 21,95 Euro in allen gängigen Onlinebuchhandlungen
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