Montag, 26. Juni 2017

Buchrezension - Vom Ende an


Klappentext:
"Ich bin in der 32. Woche schwanger, als die Meldung kommt. Das Wasser steigt schneller, als sie gedacht haben. Es flutet schneller."

Eine Frau bekommt ihr erstes Kind, während eine Naturkatastrophe England heimsucht und die Städte verwüstet. Auf der Flucht verschwindet ihr Gefährte, aber neben Schrecken und Barbarei erlebt die Erzählerin auch das intime Glück einer Mutter-Kind-Liebe.

Megan Hunters Debüt ist von archaischer Wucht und poetischer Zartheit - hier ist ein weibliches Gegenstück zu Cormac MacCarthys "Die Straße" zu entdecken.

Die Autorin:
Megan Hunter, geboren 1984 in Manchester, lebt mit ihrer Familie in Cambridge. Hunter hat englische Literatur studiert und stand mit ihrer Lyrik auf der Shortlist des Bridport Prize. Ihre Erzählung "Selfing" war nominiert für den Aesthetica Creative Writing Award. "Vom Ende an" ist ihr erstes Buch, es erscheint zeitgleich in zahlreichen Ländern.



Die Daten zum Buch:

  • 157 Seiten - Gebunden
  • Verlag C.H. Beck
  • ISBN: 978 3 406 70507 6
  • 16 Euro (in allen gängigen Onlinebuchhandlungen) 

Zitate 
  • Seite 79: Wir ziehen ihnen die Windeln aus und lassen sie strampeln, ihre Beine wie Stoff in alten Gemälden, jede Falte so scharf gezeichnet wie ein Tintenstrich...
  • Seite 83: Da sahen sie einen Engel mit ausgebreiteten Armen im Licht der Sonne stehen. Er rief nach allen Vögeln, die da fliegen und sie kamen...
  • Seite 111: Auf der Landspitze laufe ich versuchsweise ein Stück. Ich versuche meinem Körper eine Laufform zu geben

Resümee:


„Vom Ende an“ besticht ausschließlich durch seine poetische Sprachweise. Kleine, fast gehauchte Szenen in winzigen Abschnitten, welche die verheerende Flutkatastrophe und ihre Folgen fast nur erahnen lassen.

Eine Frau, ihren Namen erfahren wir nie, liegt in den Wehen, als die Wasser in England sintflutartig zu steigen beginnen. Diese Frau begleiten wir geschätzte 15 Monate lang. Eigentlich kann man die Zeitspanne nur anhand Z`s Entwicklungsstadien ableiten, Z ihrem Sohn. Alle anderen Beteiligten tragen ebenfalls nur ihre anonymen Anfangsbuchstaben. Vielleicht wollte Megan Hunter aussagen: Jeder könnte dieser Z, R, O oder G sein. Eine/Einer unter vielen.

Dieses Buch konzentriert sich auf das intime Glück einer Mutter-Kind-Liebe, treffender kann man „Vom Ende an“ nicht beschreiben. Alle anderen Empfindungen wurden verdrängt. Mein größter Kritikpunkt dieses Romans. Warum war kein Platz für Wut, als Z`s Vater sich eines Tages aus dem Staub machte? Wo waren die Angst, die Schrecken, die Ungewissheit, die Trauer? Irgendwo in eine dunkle Ecke gedrängt. An der Oberfläche nur Platz für milchgeschwängerte stillende Stunden, für den Geruch von Z`s Haut, für die Nähe beim Schlafen, für den kleinsten Atemzug des Babys. 
   
Hmmm, ich lege das Buch nachdenklich zurück. Vielleicht lag es an mir, einer Nichtmama. Diese Mutter-Kind-Poesie traf mich nicht. Ich vermisste die greifbaren „Rahmenbedingungen“, sowohl im zwischenmenschlichen, als auch im naturwissenschaftlichen Bereich.  Auch die bibelähnlichen Zitate, die an die Schöpfungsgeschichte, die Sintflut und die Schrecken der Offenbarung erinnern, konnten mir diese Rahmenbedingungen nicht liefern.

Ich gebe eine bedingte Leseempfehlung. Mutter/Kindgefühle und Poesie. Bestimmt verzaubert M viele. Und diesen Lesern reichen die gefühlseinseitigen Informationen aus. Mir leider nicht. Einen weiteren Roman dieser Art werde ich jedenfalls nicht lesen. Darum gibt es von mir nur 3 von 5 Sternen. 


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